Sonntag, 13. August 2023

Gut 3 Monate im Haus. Und zack: Senhor Sancho greift nach der Weltherrschaft.

Die bekannte 3-Monats-Regel besagt: Nach dieser Zeit hat ein Hund aus dem Tierheim sich soweit akklimatisiert, dass  er sich sicher und daheim fühlt, eine Bindung zu "seinem" Menschen aufgebaut hat und dass möglicherweise auch Verhaltensweisen zutage treten, die sein Temperament und seinen Charakter zeigen. Es wird wohl niemanden wundern, dass Senhor Sancho dafür weniger als drei Monate gebraucht hat. Er wusste genau: Anfangs brav sein, Frauchen in Sicherheit wiegen - dann kann ich später endlich die Sau  bzw. den wahren Sancho rauslassen. 

Es gab ja von Anfang an Zeichen, dass der Senhor zwar lieb und nett ist, jedoch gar nicht mal so insgeheim die Weltherrschaft anstrebt. Und wenn es nur die Welt in und um die Casa Leone ist. Man erinnert sich: Die Pfote der Dominanz legte er schon ein paar Tage nach seiner Ankunft gaaaaanz unauffällig auf Frauchen ab. Da war er gerade mal zehn Tage im Haus. Hatte aber offensichtlich bereits entschieden: Hier gefällt es mir, hier bleibe ich, hier kriegt mich keiner mehr weg! 


Okay, die Besetzung von Frauchens Bett mag bereits ein zarter Hinweis gewesen sein, aber nachdem Madame Bela ebenfalls gerne am Fußende pennt... war die Gefahr einer möglichen Ergreifung der Weltherrschaft nicht unbedingt vorauszusehen. Frauchen hakte das eher unter "gleiches Recht für alle ab"; sie hätte aber unter Umständen darauf achten sollen, dass Seine Hoheit bereits frühzeitig mit allen Ehrentiteln angesprochen wurde - eine Folge seines natürlichen königlichen Charismas. Und dass - das Grinsen mit dem Zeigen des eindeutigen Vampirzahns auf dem rechten Foto beweist es - er genau wusste, was er tat. 



Senhor Sancho ist nämlich schlau. Er plante auf lange Sicht. Also folgten Tage und Wochen, ja Monate, in denen sich der Senhor von seiner allerbesten Seite zeigte: Er folgte aufs Wort und kam auf Zuruf und Pfiff; spielte gern mit Frauchen und Madame Bela; zeigte sich wachsam aber freundlich gegenüber Besuchern; gewann die Herzen aller Gäste, die Frauchen besuchten; gab großzügigst hündischen Gästen getrocknete Hühnerfüße (in Vegetarierkreisen auch "Scheußlichkeiten" genannt) als Wegzehrung mit auf die Heimreise; überstand sogar die Generalprobe fürs Allein-Daheim-Bleiben und die Premiere mit Auszeichnung. Kein Wässerchen konnte ihn trüben. Und so ließ Frauchen sich einlullen...


Kaum aber waren die 90 Tage um, meinte Senhor Sancho: "Nun ist's genug, nun zeige ich aber mal richtig, wer hier wirklich das Sagen hat!" Seine Hoheit begann mit Freudentänzen ob der Wiederkehr von Frauchen oder dem wöchentlichen Arbeitsbesuch von Perle Fátima; er geriet völlig aus dem Häuschen und war kaum zu bändigen. Sprang herum, kläffte aufgeregt, hüpfte in die Höhe und war kaum willens, sich zu beruhigen. Angebotene Leckerlis atmete er zwischendurch schnell mal ein und danach ging's wirbelwindmäßig weiter. 
  • Inkorrekte aber vielleicht verständliche Maßnahme Nr. 1 von Frauchen: Seine Hoheit rufen und mit Streicheln beruhigen. Klappte nur temporär und war selbstverständlich beim nächsten Mal völlig vergessen. Es ging soweit, dass der Senhor beim nächsten Mal Frauchen direkt ankläffte. 
  • Das hatte zur Folge Maßnahme Nr. 2: scharfer Verweis dieses ungebührlichen Verhaltens. Das störte den Senhor wenig - er kläffte nach ein paar Schrecksekunden weiter und ließ auch sein exzessives Herumgetanze samt Hochspringen nicht. Und so folgte
  • Maßnahme Nr. 3 - und das ist halt immer die schwierigste: ignorieren und aussitzen. Selbst wenn das Gekläffe Frauchen in den Ohren gellte. Aber es funktionierte bestens: Senhor Sancho versuchte es von rechts und von links - Frauchen schaute ihn nicht an, ignorierte Seine Hoheit völlig. Sie tat keinen Mucks. Zeigte dem Senhor damit deutlich, dass er sich die Seele aus dem Leib kläffen könne - er wäre für Frauchen nicht vorhanden. Jedenfalls solange das Gekläffe nicht aufhörte. Seine Hoheit hielt nicht lange durch: Mit einem unwilligen Aufstöhnen legte er sich nach etwa zwei Minuten (wenn es denn so lange war) zu Boden. Geht doch! 
Mal sehen, was sich Seine Hoheit als Nächstes einfallen lässt. Alles andere klappt nach wie vor bestens: Senhor Sancho geht hervorragend an der Leine, Sitz und Platz sind kein Problem, er kommt auf Pfiff und Zuruf - selbst wenn er gerade in den etwas weiter entfernten Gefilden seines Königreichs unterwegs ist oder am Tulpentor Wache hält und bellt: Die Bellerei wird sofort gestoppt und der Senhor eilt ins Haus oder auf die Terrasse zu Frauchen.  

Fazit nach gut drei Monaten: 
Senhor Sancho ist ein toller Hund, der schnell und gerne lernt. Er liebt es, Bälle oder Stöckchen oder blaue Plastikhaie zu apportieren - sogar aus dem Pool, selbst wenn er nicht soweit geht, direkt ins Wasser zu hüpfen. 
Für mich ist er ein echter Glücksfall - und ich für ihn hoffentlich auch. Gemeinsam mit Madame Bela sind wir ein gutes Team geworden. Sogar die alte Dame lernt noch was von ihm: dass nämlich Besucher nicht automatisch was Schlimmes sind, sondern durchaus Positives zu bieten haben. Beim Spielen und Fressen geht das mittlerweile soweit, dass Madame vergisst, dass sie eigentlich niemals aus dem Haus geht, wenn der Gärtner da ist. Selbst wenn verführerische Hühnerhälse auf der Terrasse serviert wurden. Jetzt macht ihr das nix mehr aus.