Donnerstag, 7. September 2023

Senhor Sancho will den Führerschein.

Es ist ja schon allgemein bekannt, dass der Senhor ziemlich "gscheit" ist, wie wir in Bayern sagen. So ist es kein Wunder, dass er nach höherer Erkenntnis strebt, und dazu gehört, seiner Ansicht nach, das Erlangen des Führerscheins. Damit könne er, so meint Seine Hoheit, sich beim Fahren mit Frauchen abwechseln, man unternähme größere Touren und das würde sein Königreich erheblich ausweiten. Denn wer ihn erst einmal kennenlerne - außerhalb des Gebiets der Casa Leone - verfiele ihm ja sowieso völlig und erkenne ihn als Herrscher an. Als Beweis führt der Senhor das gesamte Team "seiner" Tierarztpraxis an, außerdem das Servicepersonal mancher Lokale wie etwa dem Pimenta Rosa, wo er bereits zu Besuch gewesen und gebührend empfangen worden sei (siehe auch hier)

Gestern nun begab es sich, dass Senhor Sancho auf Grund seines Ungern-Daheim-Bleibens abends mit zum Restaurant durfte. Frauchen hatte keine Lust, unruhig auswärts beim Essen zu sitzen, ständig von Befürchtungen geplagt, was der Senhor daheim nun wieder anstellt, umräumt oder gar zerstört.

Madame Bela mag es seit neuestem nicht so gern, dass sie allein das Haus bewachen soll. Also stieg sie sicherheitshalber mit ein. Leider kennt Frauchen da einen fiesen Trick: Madame darf mit bis vors Tulpentor, dann allerdings mit sie mit sanfter Gewalt mittels Leine zum Aussteigen genötigt und muss wieder in den Garten der Casa Leone. 

Selbstverständlich nutzte Senhor Sancho die kurze Abwesenheit von Frauchen, um schon mal von der Rückbank auf den Fahrersitz zu klettern und die Warnblinkanlage einzuschalten. Weiß er doch: Sicherheit geht über alles! Und die Gelegenheit, dies deutlich zu machen, ließ Seine Hoheit sich selbstverständlich nicht entgehen. 

Vor dem Lokal angekommen (Tipp für alle, die gerne portugiesisch essen: Restaurant Foz do Banho) parkte Frauchen hundefreundlich so, dass der Senhor nicht ständig von vorbeigehenden Personen belästigt würde. Dies gilt allerdings nur dann, wenn Seine Hoheit brav auf dem Rücksitz bleibt und an seinem sicherheitshalber mitgebrachten Kauknochen nagt. Was der Senhor ziemlich genau fünf Minuten lang tat, bis Frauchen und ihre Freunde außer Sichtweite waren. Dann begann er wohl - vermutet Frauchen - das Auto bzw. die Funktionsweise der einzelnen Hebel am Armaturenbrett zu überprüfen bzw. zu lernen, wofür was ist. Aber wenigstens war er ruhig dabei. Frauchen samt Freunde saßen bei Tisch und wurden nicht durch gar schreckliches hündisches Wehklagen aufgeschreckt. Auch das Personal oder andere Gäste schienen nicht weiter beunruhigt durch einen Senhor, der im Wageninneren einen Aufstand anzettelte.
Glücklicherweise - darauf hat mich eben eine FB-Freundin hingewiesen - kennt Senhor Sancho die Funktion einer Hupe (noch) nicht. Oder er weiß (noch) nicht, wo sich das Signalhorn befindet. Frauchen hupt nämlich völlig unportugiesischerweise kaum oder zumindest bisher nicht in hündischer Gegenwart. 

Nach etwa drei Stunden allerdings fand Frauchen allerdings doch, dass es Zeit sei, Seine Hoheit nach Hause zu bringen. Wohlweislich bewaffnet mit einem Doggy Bag, in dem sich neben Polvo-Resten ein halbes Filet de Pescada befand, in Begleitung von einigen geschmorten Süßkartoffeln. Selbstverständlich saß der Senhor auf dem Fahrersitz, diesmal ohne eingeschaltete Warnblinkanlage. Muss ja auf einem Parkplatz nicht sein, wusste der hündische Fahrschüler.

Der Duft feiner Speisen ließ Seine Hoheit schwanken: Einerseits war er im Freudentaumel ob der Rückkehr von Frauchen, andererseits stiegen ihm feinste Aromen in die Nase, deren Herkunft er am liebsten sofort und auf der Stelle untersucht hätte. Frauchen verweigerte dies und scheuchte den Senhor nach hinten auf die Rückbank, wo er diese ungerechte Behandlung laut bellend monierte. Aber Frauchen blieb hart: keine öligen Speisen im Fahrzeug. Mehrmaliges Bellen auf der langen Fahrt von 10 Minuten nach Hause zeigte keine Wirkung.
Frauchen stellte allerdings während der Fahrt fest, dass Seine Hoheit wohl etliche Hebel am Armaturenbrett in Gang gesetzt hatte - unter anderem den Heckscheibenwischer, der ein seltsam schabendes Geräusch verursachte, das in der Dunkelheit schwer einzuordnen war. Erst kurz vor der Casa Leone merkte ich: Oha, der Heckscheibenwischer ist ja an. 

Im eigenen Königreich angekommen, hatte es Senhor Sancho plötzlich sehr eilig, aus dem Fahrzeug zu kommen. "Eigentlich" sollte er bis nach dem Tulpentor im Auto bleiben; er aber tat einen Riesensatz vom Rücksitz nach vorne - und stellte sich mit erhobenem Bein ziemlich lange an den Zaun. Immerhin hat Seine Hoheit brav eingehalten. Große Wiedersehensfreude bei Madame Bela.
"Und dann zu Bett..." (wie Samuel Pepys wohl geschrieben hätte), nach einem kurzen Poolbesuch von Frauchen.

Den Inhalt des Doggy Bags gab es heute Mittag. War als Vorspeise gedacht, doch die beiden hündischen Herrschaften begaben sich bereits nach dem Verzehr von je 2 Stücken Polvo, einem halben Fischfiletstück und je 2 Vierteln Süßkartoffel zur Siesta und ruhen jetzt friedlich Seit' an Seit'. 


 

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